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Luther, Martin

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Lebenslauf

geboren: 10. November 1483 in Eisleben
gestorben: 18. Februar 1546 in Eisleben

Martin Luther wurde als ältestes von neun Kindern einer Bergmannsfamilie in der Grafschaft Mansfeld geboren. Er genoss eine gute Schulausbildung und absolvierte von 1501 – 1505 an der Universität Erfurt ein Grundstudium der Grammatik, Rhetorik, Logik und Metaphysik, das ihn zu einer Aufnahme des Studiums der Rechtswissenschaften befähigte. Jedoch verließ er gegen den ausdrücklichen Wunsch des Vaters die Universität. In einer Gewitternacht sprach er in Todesangst ein Gelübde aus, woraufhin er in ein Kloster eintrat, um Mönch zu werden. 1507 wurde er zum Priester geweiht und studierte von 1508 – 1512 Theologie in Erfurt und Wittenberg. Im Laufe seiner Studien kam er zu der Erkenntnis, dass sich die herrschende Theologie sehr weit von den Grundlagen des Christentums entfernt habe. Seine berühmt gewordenen 95 Thesen im Ablassstreit brachten Luther einen Ketzerprozess in Rom ein und fanden den großen öffentlichen Widerhall, der die Reformation auslösen sollte. Die große Popularität seiner kirchenkritischen Schriften führte im Jahr 1521 zu einem päpstlichen Kirchenbann und zur Reichsacht: Luther war nun ein von Rom verbannter, vogelfreier Ketzer. Doch der ihm wohlgesinnte Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen ließ Luther – um ihn zu schützen – auf die Wartburg bringen, wo er versteckt als Junker Jörg seine bedeutende Bibelübersetzung anfertigte. 1522 kehrte er nach Wittenberg zurück, hielt dort im Jahre 1525 den ersten deutschsprachigen Gottesdienst ab und etablierte sich in zahllosen Publikationen als einzigartige Autorität der reformatorischen Bewegung. Er starb an einem Herzleiden.


Bedeutung

Martin Luther war der theologische Urheber und Lehrer der Reformation. Sein erneuertes Christentum, seine Predigten und Schriften und besonders seine Bibelübersetzung führten zu einer nachhaltigen Veränderung der von der Römisch-katholischen Kirche dominierten Gesellschaft im ausgehenden Mittelalter und der beginnenden Neuzeit und zu einer bis heute andauernden Spaltung zwischen der Katholischen und der Protestantischen Kirche.


Lehre und Gedanken:

Luthers theologisches Denken ist äußert komplex und vielschichtig und hat die abendländische Philosophie der Neuzeit bis in die Moderne hinein nachhaltig geprägt.

Oft wird Luthers Theologie in vier reformatorischen Grundsätzen zusammengefasst: „sola scriptura“ (allein durch die Schrift), „sola gratia“ (allein durch Gnade), „sola fíde“ (allein der Glaube) und „solus Christus“ (allein Jesus Christus).
Gemäß dem „sola scriptura“ ist allein die Bibel die Quelle allen Glaubens an und allen Wissens von Gott und die hinreichende Vermittlerin des Heils und benötigt keine Ergänzung durch kirchliche Traditionen. Im „sola gratia“ drückt sich der Gedanke aus, dass der Mensch durch sein Handeln Gott nicht gnädig stimmen kann. Allein durch die Gnade Gottes und ohne eigenes Zutun wird der Mensch von Gott erlöst. Auch im „sola fíde“ ist ausgedrückt, dass der Mensch sich die Anerkennung Gottes nicht durch Werke verdienen kann, sondern diese allein durch seine Glaubensbeziehung zu Gott bekommt, welche allein von Gott ausgeht. Der tragende Grund der drei Prinzipien ist jedoch das „solus Christus“, das besagt, dass Jesus Christus als der wahre Mensch und der wahre Gott durch seine stellvertretende Hingabe am Kreuz ein für allemal unsere Rechtfertigung und Heiligung erlangt habe.

Zu Luthers bedeutendsten Schriften gehört die 1520 erschienene und 30 Thesen umfassende Abhandlung „Von der Freiheit eines Christenmenschen“, in der er die Summe der christlichen Freiheiten darstellt. Oft wird in dieser Schrift auch die geistesgeschichtliche Grenze zwischen Mittelalter und Neuzeit gesehen.
Im Mittelalter noch galt das Christentum als „heilige Ordnung“, welche jedem Menschen einen festen, von Gott vorbestimmten Platz zuordnete und individuelle Freiheit ausschloss. Nur wenn der Mensch sich in diese vorherbestimmte Ordnung einfügte, konnte er am Heil Christi teilhaben. Mit Rückgriff auf die Schriften des Apostels Paulus drehte Luther diese althergebrachte Sichtweise radikal um:

„Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan – durch den Glauben. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan – durch die Liebe.“ (Martin Luther: Von der Freiheit eines Christenmenschen)

Der Mensch muss im Hier und Jetzt frei sein, weil er eben nicht durch Taten, sondern allein durch den Glauben gerechtfertigt sei. Diese Zuschreibung von Glaubensfreiheit und daraus folgend auch Entscheidungsfreiheit hat nicht nur die Römisch-Katholische Kirche, sondern auch die Philosophie im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit in ihren Grundfesten erschüttert. Der plötzlich frei gewordene Mensch wird zum Subjekt und zum Träger absoluter Ansprüche. Die Philosophie des Humanismus und der Aufklärung zeugen in besonderer Weise von diesem veränderten Menschenbild.


Hauptwerke von Martin Luther

„Von der Freiheit eines Christenmenschen“ (1520)
„Vom unfreien Willen“ (1525)
„Der große Katechismus“ (1529)

Martin Luthers wichtigste Werke liegen in einer sechsbändigen Studienausgabe vor: Martin Luther. Studienausgabe in 6 Bänden. Berlin und Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 1980–1999.


Über Martin Luther

Richard Friedenthal: Luther. Sein Leben und seine Zeit. München / Zürich: Piper 81996.

Thomas Kaufmann: Martin Luther. München: C. H. Beck 2006.

Heinz Zahrnt: Martin Luther. Reformator wider Willen. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2000.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2010

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